DTGPP

Unsere Geschichte

Die Deutsch-Türkische Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und psychosoziale Gesundheit (DTGPP e.V.)

– Entstehungsgeschichte, Entwicklung, Ziele und Ausblick

Geschichtlicher Rückblick

Situation Anfang der neunziger Jahre

Die wachsenden Zahlen türkischer Arbeitsmigranten in den deutschsprachigen Ländern und deren psychische Probleme hatten schon lange zu gemeinsamer fachlicher Kooperation herausgefordert. Doch gab es bis 1994 keine institutionalisierten Kontakte zwischen psychiatrischen, psychologischen und sozialpädagogischen Fachkräften beider Länder. Es wurden lediglich vereinzelte Vorträge türkischer Psychiater in Deutschland aufgrund persönlicher Verbindungen organisiert. Fragen der Migrationspsychiatrie fanden in der Türkei nur randständiges Interesse. Aber auch in Deutschland fand diese Thematik trotz ihrer Bedeutung für die psychiatrische Versorgung eines wachsenden Bevölkerungsanteiles keine angemessene Aufmerksamkeit. Weder in Forschung noch in Fragen psychiatrischer Versorgung wurde sie verankert. Vereinzelte Fachbücher wie von Collatz 1985 waren die Ausnahme. Die von Nestmann und Niepel vorgelegte Bibliographie gibt einen Überblick über oft nur schwer zugängliche Publikationen zu Fragen von Gesundheit und Migration bis 1993.

Von diesen seien die prospektiv epidemiologische Untersuchung von Häfner und Özek (1977) über psychische Reaktionen türkischer “Gastarbeiter” auf die Erfahrung der Migration sowie die sozialpsychiatrischen Studien von Koptagel İlal über die Situation türkischer Frauen und Jugendlicher hervorgehoben. Auch sind die Beobachtungen von Ete (1977) und Eser (1984) über das Krankheitsverhalten türkischer Patienten zu nennen; von deutscher Seite verdienen u.a. die psychoanalytischen Untersuchungen von Leyer (1991), die Arbeiten von Röder (1987) sowie die Veröffentlichungen von Collatz Beachtung. Ein wichtiger Lehrbuchbeitrag stammt von Böker aus dem Jahre 1975. Doch handelte es sich bei solchen wissenschaftlichen Untersuchungen um sporadische Einzelaktivitäten, meist befristete Forschungsprojekte, die unter einander nicht koordiniert waren und damit einer Breitenwirkung entbehrten.

Angesichts zunehmender Fremdenfeindlichkeit und der damit verbundenen Zuspitzung gesundheitlicher Probleme der türkischen Arbeitsmigranten (s. z.B. Zeiler und Zarifoğlu 1994) war eine Intensivierung und Koordinierung der Kontakte türkischer und deutscher Fachkräfte aus dem Gesundheitswesen dringlich geworden.

Im Herbst 1992 wurden am Rande einer Tagung des ethnomedizinischen Zentrums in Hannover erste Überlegungen angestellt, einen Deutsch-Türkischen Psychiatriekongress zu planen. Initiatoren waren neben Metin Özek (Istanbul) Jürgen Collatz, Ramazan Salman und Hüseyin Okur (Hannover) sowie Eckhardt Koch (Marburg).

Die Vorbereitungsgruppe für den ersten Deutsch-Türkischen Psychiatriekongress vom 16. bis 22. April 1994 in Antalya bestand dann im Wesentlichen aus den späteren Kongresspräsidenten Metin Özek und Wolfgang M. Pfeiffer sowie Eckhardt Koch. Dieser Kongress stellt einen ersten wichtigen Schritt zu regelmäßigem und interdisziplinärem Austausch von Fachleuten beider Länder dar. Neben Psychiatern und Ärzten anderer Fachrichtungen waren Psychologen, Pädagogen, Sozialarbeiter, Angehörige von Religions-, Sozial-, Sprach- und Wirtschaftswissenschaften sowie Politiker und Journalisten vertreten.

Die alte Tradition psychiatrischer Kontakte zwischen beiden Ländern wurde wieder aufgegriffen. Referenten aus der Türkei und den deutschsprachigen Ländern behandelten das Thema“Psychologie und Pathologie der Migration und des Kulturwandels”.

Der Kongress fand lebhaften Anklang und bewirkte eine Art Initialzündung, Konzepte zur psychosozialen Versorgung von Arbeitsmigranten im deutschen Sprachraum zu entwickeln und markierte den Beginn einer Vernetzung von Fachleuten, die an migrationsspezifischen Fragen interessiert waren.

Die Veranstalter (Türkische Gesellschaft für Neuropsychiatrie, Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde, Klinik für Psychiatrie der Universität İstanbul, Psychiatrisches Krankenhaus Marburg des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen und Ethnomedizinisches Zentrum Hannover) wurden aufgefordert, konkrete Schritte zur Fortsetzung der begonnenen Arbeit einzuleiten:

  1. Gründung einer Deutsch-Türkischen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und psychosoziale Gesundheit
  2. Fortsetzung der Kooperation in Arbeitskreisen, die bereits während des Kongresses initiiert wurden (u.a. muttersprachliche Psychotherapeuten, Migrantenversorgung im Öffentlichen Dienst, Hilfe bei der Remigration, psychologisch psychiatrisches Wörterbuch, Gutachtenfragen)
  3. regelmäßige Folgekongresse mit interdisziplinärer Zusammenarbeit.

Bereits im November 1994 wurde dann unter Federführung von Eckhardt Koch in Marburg die Deutsch-Türkische Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und psychosoziale Gesundheit e.V. (DTGPP) gegründet. Ein wesentliches Merkmal der Gesellschaft ist die Möglichkeit der Mitgliedschaft von Personen aus verschiedenen Ländern, insbesondere der Türkei und den deutschsprachigen Staaten.

Die DTGPP widmet sich laut ursprünglicher Satzung insbesondere:

  • der Unterstützung und Anregung von Forschung und Lehre, die sich mit der Verbesserung der psychosozialen Gesundheit der Migranten, Remigranten und deren Angehöriger in der Türkei und in deutschsprachigen Ländern befasst
  • der Anregung der gezielten Verbesserung der psychosozialen Versorgung sowohl in der Türkei als auch in der Bundesrepublik Deutschland u.a. auf dem Gebiet der Psychiatrie, Psychotherapie und Rehabilitation sowie des Schulwesens, der Jugendarbeit und Altersversorgung
  • der Anregung zu einer Gesetzgebung, die die Belange von Migranten und Remigranten sowie das Zusammenleben mit der einheimischen Bevölkerung verbessert.

Der II. Türkisch Deutsche Psychiatrie-Kongress vom 17. bis 23. März 1996 in Istanbul befasste sich mit „Integration und Krankheit – Wege und Irrwege der Migration“. Die Präsidentschaft lag erneut bei Metin Özek und Wolfgang M. Pfeiffer – beide wurden mittlerweile zu Ehrenpräsidenten der DTGPP ernannt. Die gemeinsame Schirmherrschaft des Staatspräsidenten der Republik Türkei, Süleyman Demirel und des Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland, Roman Herzog, war Ausdruck auch des politischen Interesses an der Thematik des Kongresses. Die Teilnahme von 450 Fachleuten aus der Türkei, Frankreich, Italien, der Schweiz, Österreich und Deutschland an diesem interdisziplinären Kongress zeigt, dass die DTGPP bereits kurz nach der Gründung einen größeren Kreis von Fachleuten mobilisieren konnte.

Nachdem die ersten beiden Fachkongresse in der Türkei veranstaltet wurden, fand der III. Deutsch-Türkische Psychiatrie Kongress vom 15. bis 19. September 1998 erstmals in Deutschland, in Berlin, statt und widmete sich der „Psychosozialen Versorgung in der Migrationsgesellschaft“. Er stand erneut unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten Roman Herzog und des Staatspräsidenten Süleyman Demirel. Präsidenten waren Suna Taneli und Wolfgang M. Pfeiffer. Diesmal nahmen mehr als 300 Wissenschaftler und Fachleute der psychosozialen Versorgung aus Deutschland, der Türkei, der Schweiz, Österreich, Italien, Großbritannien und Tschechien teil. Die Beiträge aus Wissenschaft und Praxis zeigten eindeutig am Beispiel der türkeistämmigen Minorität, dass nach wie vor erhebliche diagnostische und therapeutische Defizite bestehen. Probleme sprachlicher Verständigung, fehlender Sensibilisierung und mangelnde Infrastrukturen bei Institutionen im Gesundheitsweiten sind weiterhin wesentliche Hindernisse.

Der IV. Türkisch Deutsche Psychiatrie-Kongress tagte vom 05. bis 09. September 2000 in Antalya, erneut in der Türkei, in einem kleineren Rahmen. Unter der Präsidentschaft von Frau Prof. Taneli aus Bursa und Frau Prof. Boos-Nünning aus Essen stand er unter dem Thema „Persönlichkeit und Migration“. Bei diesem Treffen wurde dem Meinungsaustausch mit fortlaufenden Arbeitsgruppen ein besonderer Stellenwert eröffnet. Neben den Vorträgen fanden Posterpräsentationen breiten Raum und es bildeten sich lebhafte Diskussionsgruppen im wissenschaftlichen Rahmen.

Zu den ersten drei Fachkongressen veröffentlichte die DTGPP in ihrer Schriftenreihe beim Lambertus Verlag jeweils ein Kongressbuch mit den wichtigsten Beiträgen.

Die DTGPP hat außerdem bislang vier Fachtagungen zum Gutachterwesen im interkulturellen Feld angeregt und aktiv mitgestaltet. Bei der 4. Tagung zur transkulturellen Begutachtung unter dem Thema „Migrationsspezifische Begutachtung im Spannungsfeld von Psychologie, Medizin, Recht und Politik“ vom 02.  bis 03.November.2001 in Hannover nahmen knapp 200 Fachkräfte aus Medizin, Psychiatrie, Psychologie, Sozial- und Rechtswissenschaften teil.

Breiten Raum nahmen Fragen zur Begutachtung von Asylbewerbern ein, einem Thema von großer gesellschaftspolitischer Bedeutung. Das breitgefächerte Programm stellte Grundlageninformationen und Problembereiche unterschiedlicher Gutachtenfelder vor und förderte gegenseitiges Verständnis von Gutachtern und ihren Adressaten in Verwaltung und Justiz. In Arbeitsgruppen wurden u. a. Kriterien für die Begutachtung von Migranten erarbeitet, die transkulturelle Erkenntnisse und soziokulturelle Bedingungen in der gutachterlichen Praxis verankern. Dabei wurde auch die kontrovers diskutierte Frage von Mindeststandards für die Erstellung von Gutachten aufgeworfen.

Am 20. November 1999 wurde zum 80. Geburtstag des Ehrenvorsitzenden und Präsidenten der ersten drei Kongresse, W. M. Pfeiffer in Marburg das Symposium „Begegnung mit dem Fremden“ organisiert. Die wesentlichen Vorträge sind in dem Band 23 (2000) 2 der Zeitschrift Curare veröffentlicht. Außerdem hat die DTGPP sowohl in Deutschland als auch in der Türkei an zahlreichen Kongressen, Tagungen, Seminaren einschließlich Expertenworkshops der Bundesregierung aktiv teilgenommen.

Die DTGPP hat gemeinsam mit dem Referat Transkulturelle Psychiatrie der DGPPN bei den DGPPN-Kongressen 2000 in Aachen und 2001 in Berlin das Symposium „Transkulturelle Psychiatrie“ organisiert und veranstaltet. Zum Referat der psychiatrischen Fachgesellschaft bestehen enge Verbindungen durch zahlreiche Doppelmitgliedschaften und persönliche Kontakte. Diese Kooperation hat sich bewährt und wird weiterhin gepflegt.

Des Weiteren engagierte sich die DTGPP beim Gesundheitstag in Berlin vom 31. Mai bis 04. Juni 2000 und gestaltete mehrere Symposien und Posterpräsentationen.

 V. Deutsch-Türkischen Psychiatriekongresses vom 16. – 20. September 2003 in Essen

„Ver-rückte Grenzen – Interkulturelle Begegnungen“

Das Thema des Kongresses „Ver-rückte Grenzen – interkulturelle Begegnungen“ zeigte  Entwicklungen und Fortschritte in den Beziehungen zwischen Professionellen und Klienten / Patienten und auch zwischen den Professionellen in beiden Ländern auf. Begegnungen in gegenseitiger Achtung und Akzeptanz traten an die Stelle früherer Fremdheit. Erstmalig gab es bei dem Kongress einen Workshop, der sich speziell an Hausärzte richtete, sowie einen Workshop zur interkulturellen Pflege. Zugleich erhielten die Teilnehmenden durch das Satelliten-Symposium „Ethnicity & Mental Health in Europe“einen Einblick in den internationalen Forschungs- und Diskussionsstand.

Es wurde festgehalten, dass Zuwanderung eine Normalität ist in modernen Gesellschaften. Die Ergebnisse des Kongresses unterstrichendie Notwendigkeit, diese Normalität in der Aus- und Weiterbildung, in der Forschung, in der Versorgungspraxis und in den Beziehungen zwischen den Ländern anzuerkennen.

Der Kongress plädierte für eine Intensivierung der Kontakte zwischen psychiatrischen Kliniken und komplementären Einrichtungen in der Türkei und im deutschsprachigen Raum, um die fachlichen Verbindungen zu stärken und auszubauen.

VI. Deutsch-Türkischer Psychiatrie-Kongress vom 12. bis 15. September 2007 in Istanbul zu „Identität(en)“

Der Kongress wurde von 350 Teilnehmern besucht, davon 180 aus der Türkei, 150 aus Deutschland sowie anderen europäischen Ländern (Niederlande, Schweiz, Schweden, Österreich, Großbritannien).  Das Kongressthema wurde interdisziplinär erarbeitet. Besonders wichtig war hier die Kommunikation zwischen Soziologie, Ethnologie, psychosoziale Versorgung, Sozialer Arbeit, und dem psychologischen und medizinischen Gesundheitsbereich.

Erweitert wurde die Perspektive durch Kunst (Identität in Literatur, Film und Musik) sowie Geisteswissenschaften, weil hier in der Migration eher Potentiale als Belastungen gesehen werden.

Als wichtiger Aspekt erschien die individuelle Konstruktion der Identität auf dem Hintergrund von Geschlecht, sozialen und kulturellen Einflüssen. Diese erfordert die Möglichkeit positiver Identifikationspunkte und die Freiheit von Diskrimination und Vorurteilen.

Wie Deutschland ist die Türkei zunehmend ein Zuwanderungsland. Auch findet Pendelmigration zwischen Herkunfts- und Einwanderungsländern statt. Auf dem Kongress wurden die positive Aspekte der Migration und der kreativen individuellen Identitätsbildung aus mehreren Kulturen betont.

Als Konsequenzen aus dem Kongress ergeben sich für die psychosoziale Versorgung vor dem Hintergrund der Migration die folgenden Punkte:

  • Die Stärkung der Zusammenarbeit auf europäischer Ebene einschließlich der Türkei bei der Weiterentwicklung der Versorgungsinstitutionen
  • Die Öffnung aller Regelinstitutionen und Versorgungsbereiche für Migranten
  • Die Erhebung migrations-relevanter Basisdaten, auf deren Grundlage eine angemessene Versorgung entwickelt werden muss
  • Die Förderung der kultursensiblen Forschung (Weiterentwicklung kultursensibler Erhebungsinstrumente unter Einschluss qualitativer Verfahren)
  • Die Förderung des interdisziplinären Dialogs
  • Die Finanzierung und Förderung der notwendigen Forschungsmaßnahmen muss zeitnah erfolgen

Resolution VII. Deutsch-Türkischer Psychiatriekongress, 21.-25. September 2010 in Berlin  

 Der 7. Deutsch-türkische Psychiatriekongress stand unter dem Motto „Kulturräume“.

Obwohl sich die Türkei stets als Ein- und Auswanderungsland versteht, befand sich dort die Migrationsforschung noch in den Anfängen. Die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und der Türkei war auch in dieser Hinsicht sehr wichtig. Auch in der Türkei war die Multikulturalität in der Öffentlichkeit sehr intensiv diskutiert. Die Berufstätigen in psychosozialen und gesundheitlichen Bereichen sollten vorbereitet sein auf neue politische und gesellschaftliche Entwicklungen. Daher sollten Konzepte der interkulturellen Öffnung und der interkulturellen Kompetenz auch dort Einzug finden (u. a. in Weiterbildungsprogrammen für Ärzte, Pflegekräfte, Lehrer und Offiziere). Die DTGPP und ähnliche Organisationen könnten die Weiterentwicklung von interkultureller Kompetenz der o. g.  Berufstätigen unterstützen.

Die mehr als 250 interdisziplinären Teilnehmer des Kongresses waren sich am Ende der Veranstaltung darüber einig, dass es gute Fortschritte im Kenntnisstand zu Diagnostik und Behandlung seelischer Störungen bei Migrantinnen und Migranten gibt, es aber nach wie vor erhebliche Forschungs- und Versorgungslücken bestehen. Daher stellten die Teilnehmer  zum Abschluss des Kongresses folgende Forderungen auf:

  • Nachhaltige Förderung der Forschung im Bereich der Migration sowohl in Deutschland als auch in der Türkei (z.B. Erhebung repräsentativer Daten mit störungs-, gender-, generations- sowie kulturspezifischen Fragestellungen, Entwicklung und Anpassung psychometrischer Testverfahren)
  • Förderung binationaler Forschungsprojekte, wissenschaftlicher Austausch von Fachkräften aus Deutschland und der Türkei, Schaffung von Praktikumsmöglichkeiten, finanzieller Unterstützung von Weiterbildungsprogrammen in Deutschland und der Türkei, Erleichterung von Berufstätigkeit in beiden Ländern; gegenseitige Anerkennung der Abschlüsse
  • Bundesweite, flächendeckende Implementierung von Migrations- bzw. Integrationsbeauftragten in allen Einrichtungen des Gesundheitswesens mit dem Ziel interkultureller Öffnung der Institutionen
  • Aufnahme der interkulturellen Kompetenz als wesentlicher Baustein in die Aus-, Fort- und Weiterbildungsprogramme für Psychiatrie und Psychotherapie, Pflege, Sozialwesen und komplementäre Angebote wie Ergotherapie sowohl in Deutschland als auch in der Türkei
  • Verpflichtung sämtlicher Kostenträger der öffentlichen Gesundheit zur Finanzierung von Sprach- und Kulturmittlern im ambulanten Bereich, Erleichterung der bedarfsgerechten Zulassung von bilingualen Psychotherapeuten
  • Entwicklung und Ausbau bedarfsorientierter, psychiatrisch-psychotherapeutischer und psychosomatisch-psychotherapeutischer Behandlungskonzepte für Migranten in ambulanten, teil- und vollstationären sowie komplementären Bereichen im Sinne der interkulturellen Öffnung aller Institutionen der medizinischen und psychosozialen Versorgung

VIII. Deutsch-Türkischer Psychiatrie-Kongress 18. – 21. September 2013 in Izmir, Türkei

Das Thema des Kongresses  „In Vielfalt Leben“ bezog sich auf die geänderten gesellschaftlichen Verhältnisse in Deutschland und der Türkei. Das Programm  enthielt Themen sowohl aus dem transkulturellen als auch aus den klinischen Bereichen. Erstmals fanden Pre-Congress-Workshops mit internationaler Beteiligung statt, die von renommierten Kollegen in den jeweiligen Forschungsbereichen geleitet wurden. In den folgenden Tagen wurden Workshops, Konferenzen und Diskussionsforen angeboten. Zu den internationalen Referenten zählten u. a. Prof. Laurence Kirmayer aus Montreal (Kanada) und Prof. Marianne Kastrup aus Kopenhagen (Dänemark). Die Teilnehmerzahl lag bei 120. Erstmals wurde zu Ehren der Gründer des Vereins Prof. Dr. Wolfgang M. Pfeiffer (verstorben) und Prof. Dr. Metin Özek (verstorben), die im Bereich der Transkulturellen Psychiatrie die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch zwischen der Türkei und der Bundesrepublik Deutschland vorangetrieben haben, das wissenschaftlich innovativste Poster mit dem „Wissenschaftlichen Forschungspreis Pfeiffer-Özek“ ausgezeichnet.

Neben den wissenschaftlichen Schwerpunkten lag ein zentraler Fokus der Kongresse der DTGPP e. V.  auch auf klinischen Anwendungen.

Jubiläumstagung der Deutsch-Türkischen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosoziale Gesundheit zum 20. jährigen Bestehen „20 Jahre Deutsch-Türkische Psychiatrie – Hindernisse, Brücken und Perspektiven“

Anlässlich Ihres 20. jährigen Bestehens organisierte die DTGPP e. V. eine Tagung zur Thematik „20 Jahre Deutsch-Türkische Psychiatrie – Hindernisse, Brücken und Perspektiven“ am 7.- 8. November 2014 in Berlin. Diese Jubiläumstagung sollte einen Rückblick auf die bisherigen Aktivitäten der DTGPP in Deutschland und in der Türkei geben und zugleich eine Plattform für einen Überblick der aktuellen Migrationsforschung sowie für aktuelle Themen in der Psychiatrie in Deutschland und der Türkei bilden. Geplant waren junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Türkei, Kolleginnen und Kollegen sowie Expertinnen und Experten aus den genannten Bereichen aus Deutschland und der Türkei zusammenbringen. Den jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sollten auch besondere Kompetenzen in interkultureller Diagnostik und Therapie vermittelt werden.  Zudem sollten auf der Tagung neben einer breiten Perspektive die deutsch-türkische Kooperation zur Optimierung der Versorgung von Menschen mit türkischem Migrationshintergrund in Deutschland (Nachhaltigkeit) und die bisherigen Erfahrungen der Gesellschaft für die Verbesserung der Situation von Menschen mit Migrationshintergrund im Allgemeinen sowohl in Deutschland als auch in der Türkei weiterentwickelt werden (Transfer).

Einer der im Rahmen des Ideenwettbewerbs durch das BMBF geförderten Projektnehmer ist die Deutsch-Türkische Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosoziale Gesundheit e.V. (DTGPP). Seit 20 Jahren setzt sich die DTGPP e. V. dafür ein, psychiatrische und psychotherapeutische Behandlungs- und Betreuungsangebote zu verbessern und die Zusammenarbeit zwischen der deutschen und der türkischen Psychiatrie und Psychotherapie auszubauen. Unter dem Motto „20 Jahre Deutsch-Türkische Psychiatrie – Hindernisse, Brücken und Perspektiven“ fand die Jubiläumstagung am 7. bis 8. November 2014 an der Charité, unter der Schirmherrschaft von Herrn Prof. Dr. Einhäupl, Vorstandsvorsitzender der Charité – Universitätsmedizin Berlin, statt. Als Grusswortredner sind Herr Thomas Rachel, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Herr Dr. Ralf Gebel, Abteilungsleiter der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration Aydan Özoguz, Gamze Karslioglu, Gattin des Botschafters der Republik Türkei, seine Exzellenz H. Avni Karslioglu, Herr Prof. Dr. Wolfgang Maier, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Neurologie (DGPPN), Herr Prof. Dr. Simavi Vahip, Präsident der Türkischen Psychiatriegesellschaft (TPD), Rachel Seeling, Referentin des Vorstandsvorsitzenden der Charité, Herr Prof. Dr. Einhäupl, und Herr Dr. Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) nennen.

Die Tagung brachte Experten und Nachwuchswissenschaftler zusammen. Es wurde ein Rückblick auf die bisherigen Aktivitäten der DTGPP und zugleich ein Überblick über den Stand der Migrationsforschung in Deutschland und in der Türkei gegeben. Diesen folgten Vorträge zu Migration und Identität, interkulturelle Öffnung und interkulturelle Kompetenz sowie Arbeit mit professionellen Sprach- und Kulturmittlern. Am zweiten Tag folgten Symposien zum trialogischen Ansatz und alternativen Behandlungskonzepten sowie eine Podiumsdiskussion über interkulturelle Öffnung. Interaktive Workshops wurden angeboten zur interkulturellen Kompetenz, interkulturelle Betreuung und Arbeit mit professionellen Sprach- und Kulturmittlern. Ein spezielles Workshop zum Austausch über good clinical practice in der ambulanten Versorgung von Patienten mit Migrationshintergrund in Deutschland und der Türkei bildete einen weiteren Schwerpunkt.

IX. Deutsch-Türkischen Psychiatriekongress 14.-17. September 2016 in Hamburg

Der IX. Deutsch – Türkische Psychiatriekongress (DTGPP-Kongress) zu der Thematik “Psychosoziale Versorgung im interkulturellen Kontext“ fand im UKE in Hamburg in Kooperation mit der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie statt. Die Teilnehmer stammten aus den Berufsgruppen der Psychiater, Ärzte in Weiterbildung, Psychologen, Soziologen und Sozialarbeiter sowie der Pflege. Die Teilnahme aus der Türkei war diesmal aufgrund bürokratischer Schwierigkeiten im Vergleich zu früheren Kongressen deutlich reduziert. Zahlreiche Kolleginnen und Kollegen konnten daher am Kongress nicht teilnehmen. Die Teilnehmerzahl lag daher im Vergleich zu früheren Kongressen der DTGPP nur bei 147 zuzüglich Referenten. Das wissenschaftliche Programm des Kongresses bestand aus Hauptvorträgen, Symposien, freien Vorträgen und Workshops sowie Posterpräsentation.

Der Pfeiffer-Özek Posterpreis

Der Pfeiffer-Özek Posterpreis im Namen der Ehrenpräsidenten der DTGPP wurde auf diesem Kongress zum zweiten Mal verliehen.

“People on the Move”

Am letzten Kongresstag fand ein international hochkarätig besetztes Symposium statt, an dem Vertreter aus 11 Europäischen Ländern die Versorgungssituation geflüchteter Menschen in ihren jeweiligen Ländern vorstellten. Dieses Symposium wurde vom WPA – Section on Transcultural Pychiatry in Kooperation mit EPA – Section on Cultural Psychiatry und DGPPN – Referat Interkulturelle Psychiatrie, Psychotherapie, Migration und der DTGPP organisiert.  Am Ende wurde ein Diskussionspapier formuliert und zur Abstimmung den jeweiligen Vorständen weitergeleitet.

Am 27.10.2018 wurde das Symposium über „Migration als eine emotionale Erfahrung“ in Berlin organisiert (siehe Flyer). Dabei wurde auf eine andere Sicht der Migration hinweisen, indem von der Makro- auf die Mikroebene geblickt wurde. Denn Personen mit Migrationshintergrund bilden eine sehr heterogene Gruppe, die mit unterschiedlicher Motivation, freiwillig und unfreiwillig, allein, mit Familie, mit Partner oder mit Freunden nach Deutschland gekommen sind. Zudem stellt Migration keinen homogenen Prozess dar, sondern geht mit vielfältigen Belastungs- und Risikofaktoren einher, die emotional sehr unterschiedlich erfahren und anschließend verarbeitet werden, wobei dieser Prozess unaufhörlich weitergeht und dabei sowohl regressive wie auch progressive Entwicklungen gestaltet werden. Genau dort hat das Symposium angesetzt. Das Symposium hatte ca. 60 Teilnehmer*innen.

Unser Symposium am 20. September 2019 in Istanbul in der Fransiz Lape Hastanesi behandelte das Thema „Psychisch kranke Geflüchtete in Deutschland und der Türkei: eine Herausforderung für die psychosoziale Versorgung“.Damit haben wir ein nach wie vor sehr aktuelles Thema in beiden Ländern aufgegriffen. Dies zeigte sich auch an der hohen Teilnehmerzahl mit mehr als 70 Personen. Diese waren interdisziplinär. In dem sehr interessanten Panel von Prof. Sahika Yüksel, Sevda Bikmaz, Nese Direk und Hamidiye Ünal über „Nach dem sexuellen Übergriff: Wege durch den Schmerz: Scham, Wut, Schuld, Rache“ wurden verschiedene sehr bewegende und belastende Kasuistiken mit schwersten Formen einer Posttraumatischen Belastungsstörung vorgestellt und diskutiert. Im Anschluss wurde die aktuelle Situation von geflüchteten Menschen in Deutschland von Johanna Winkler und Prof. Meryam Schouler-Ocak und der Türkei von Prof. Levent Küey analysiert. Dabei wurden psychische Störungen und Behandlungsmöglichkeiten sowie Zugangsbarrieren vorgestellt und rege diskutiert. Ein Thema war dabei auch die zunehmende diskriminierende und stigmatisierende Haltung in beiden Gesellschaften.

Auch in der Türkei hat die DTGPP an zahlreichen nationalen Kongressen und Tagungen in Form von Symposien, Panels, Arbeitsgruppen, Workshops und/oder Posterpräsentationen teilgenommen. Mitglieder unserer Gesellschaft referierten u. a. bei den Sozialpsychiatrie Kongressen in Adana 1997 und in Kappadokien 1999, sowie den Anatolischen Psychiatrie Tagen in Diyarbakir 1999 und Edirne 2000. Darüber hinaus wurde in der Zeit vom 30 Nov. bis 2. Dez. 2001 in Istanbul in Kooperation mit der Marmara Universität, Abteilung Psychiatrie ein Symposium zu der Thematik “Schizophrenie: Neue Aspekte zu Diagnostik und Behandlung” gestaltet. Zuletzt beteiligte sich die DTGPP mit einem ganztägigen Symposium am 40. nationalen Psychiatriekongress vom 28.09. bis 03.10.2004 in Kuşadası.

Zum Jahresende 2001 waren im deutschsprachigen Raum 162 Mitglieder registriert, davon in Deutschland 155, in der Schweiz fünf und in Österreich zwei. Hiervon sind 72 türkischer Herkunft und bilingual, 90 sind deutschstämmig, nur wenige von ihnen sprechen türkisch.

Von Berufsgruppen her betrachtet sind Nervenärzte mit insgesamt 60 Personen die stärkste Gruppe gefolgt von Psychologen mit 41 Personen. Dabei fällt auf, dass Psychologen mit 30 Personen die stärkste Berufsgruppe bei den aus der Türkei stammenden Mitgliedern ausmachen. Ärzte anderer Fachgebiete stellen 29 Personen Sozialarbeiter 14, andere Berufsgruppen (z.B. Pflegeberufe, Pädagogen) 18 Mitglieder.

In der Türkei sind ca. 60 Mitglieder registriert, die überwiegend an verschiedenen Universitäten arbeiten und aus zahlreichen Berufsgruppen stammen.

Wird in Kürze aktualisiert.

Aus dieser Mitgliederanalyse ergeben sich bereits unterschiedliche Ziele der Arbeit. Die recht große Gruppe deutscher Psychiater ist insbesondere an Fragen besserer Versorgung ihres Klientel türkischer Herkunft (bzw. von Patienten ausländischer Herkunft allgemein) interessiert. Fragen bzgl. Vernetzung, Therapiekonzepten, Kongressen und kleineren Tagungen mit Angeboten für Fort- und Weiterbildung sowie persönlichem Austausch stehen im Vordergrund.

Zusammenarbeit mit Kollegen in der Türkei und die Entwicklung gemeinsamer, länderübergreifender Projekte hingegen ist meist ausdrücklicher Wunsch der bilingualen Mitglieder.

Ein weiterer Unterschied besteht in den Vorstellungen der Mitglieder in der Türkei und in Deutschland. Psychiatrische Versorgung für Minoritäten in Deutschland und Konzepte der Transkulturellen Psychiatrie sind für die deutschen Mitglieder von Bedeutung. In der Türkei hingegen sind Migrationsthemen nach wie vor nicht im Vordergrund des Interesses. Hier sind neben persönlichen Begegnungen vor allem allgemeine psychiatrische Themen gefragt.

Wir haben deshalb mit unseren Veranstaltungen unterschiedliche Schwerpunkte in beiden Ländern im Auge: Fragen der Versorgung bei Tagungen in Deutschland und allgemeinere psychiatrische Themen bei Kongressen in der Türkei.

Die Aktivitäten der Gesellschaft werden von der Arbeit des Vorstandes initiiert und gesteuert. Aktuell besteht der Vorstand aus acht Mitgliedern, fünf stammen aus Deutschland, ein Mitglied aus der Schweiz und drei aus der Türkei. Dabei liegt der erste Vorsitz in Deutschland, der 2. Vorsitz in der Türkei. Regelmäßige Sitzungen (Tagesveranstaltungen ca. fünfmal jährlich) und Wochenendtreffen (ca. einmal im Jahr) finden meist in Deutschland und seltener auch in der Türkei statt. Die Kongresse dienen auch als Forum des Austausches von Vorstand und den Mitgliedern. Regelmäßige Rundschreiben informieren die Vorstandsmitglieder auch zwischen den Treffen.

Der Kontakt zu aktiven Mitgliedern findet meist auf persönlicher Ebene statt. Teilweise nehmen auch Gäste an den Vorstandssitzungen teil.

Die Verbesserung der psychosozialen Versorgung von Personen mit Migrations- und Fluchthintergrund in Deutschland und der Türkei ist darüber hinaus auch weiterhin ein zentrales Thema. Der Arbeitskreis „Psychiatrie und Migration“  bei der Bundesdirektorenkonferenz (Leitungsgremium psychiatrischer Krankenhäuser) unterstützt bei der Sensibilisierung für die Situation psychisch erkrankter Personen mit Migrations- und Fluchthintergrund. Weiterhin werden Tagungen zu vielfältigen Themen rund um die Interkulturelle / Transkulturelle Psychiatrie und Psychotherapie den Kern unserer Arbeit ausmachen.

Auch dieser Arbeitskreis konstituierte sich während des Antalya Kongresses 1994. Der regelmäßig erscheinende Infodienst informiert über die Aktivitäten. Die Internet Adresse lautet hier www.infodienst.bzga.de

Der AKTPT, der inzwischen knapp 200 Mitglieder im deutschsprachigen Raum hat, wurde während des I. Türkisch Deutschen Psychiatriekongresses initiiert und traf sich im Mai 1995 erstmals zu einer bundesweiten Fachtagung in Hannover. Der Arbeitskreis wird über regionale Koordinierung organisiert und veranstaltet seit der Gründung regelmäßig jährliche, bundesweite bilinguale (deutsch/türkische) Fachtagungen zu bestimmten Themen mit Referenten aus dem eigenen Kreis. Inzwischen hat sich aus der AKTPT die Gesellschaft für türkischsprachige Psychotherapie und psychosoziale Beratung e.V. (GTP) gebildet. https://www.gtp-aktpt.de